Jerry

Jerry's Story


 

Es war ein ruhiger Abend im Saloon.
Ambrose der Klavierspieler spielte gerade ein ruhiges Stück, eine Ballade und Henry trocknete Gläser ab.
Gemütlich saß ich beim Pokern mit einigen Freunden zusammen, hatte ein gutes Blatt auf der Hand und entsprechend gute Laune.
Wie üblich ließ sich an Lady Silkogs Miene nicht feststellen, was sie auf der Hand hatte. Die "Hexe" von Outlaws Revenge hatte sich wie immer total im Griff.
Karin und Seeke konnten dermaßen nichtssagend gucken, dass es mir schon verdächtig vorkam. Doch Maxi the Kid verriet sich. Sein Mittelfinger zuckte nervös, als er seine Karten ordnete. Der hatte bestimmt ein gutes Blatt auf der Hand. Während ich noch überlegte, ob mein Blatt gut genug war,begann Wolf, der Arm in Arm mit Snowflake saß, seine Geschichte zu erzählen. Die hübsche Snowflake hatte es mir schon immer angetan und ihr Blick, mit dem sie Wolf anhimmelte irritierte mich ein wenig. Doch nun gut! Ich warf ein paar Dollars auf den Tisch und meinte: "Erhöhe um 12!"
Da meinte Silkog zu mir. "Hast du auch eine Geschichte, Jerry? Du erzählst wenig von dir."
Über den Rand meiner Karten musterte ich die Frau Bürgermeisterin.
War das jetzt ein Trick, um mich aus der Fassung zu bringen? Nein, wohl doch nicht!
"Ja, die habe ich", antwortete ich recht einsilbig.
"Na denn, lass´mal hören! meinte Seeke, die dazugekommen war und keinerlei Probleme damit hatte, mal eben allen in die Karten zu schauen.
"Also gut, meinte ich, nachdem ich Maxis Blick gesehen hatte, wie der unverhohlen auf den Pott starrte.
"Bin raus".
Mit zwei Pärchen konnte man nicht wirklich viel reißen und Wolf hatte bereits seine dicke Geldbörse hervorgekramt.
"Also, meine Geschichte ... nun ja!
Geboren wurde ich in einem kleinen Nest in Nova Scotia - da wo damals fast ausschließlich Leute wohnten, die aus Schottland herübergekommen waren.
Man taufte mich gut katholisch auf den Namen Jeremiah Finnbar Charles Mac Conal, denn meine Eltern waren gute Katholiken und gute Schotten aus den Highlands. Mein Vater hieß Blyth und meine Mutter hieß Maisie. Ich hatte 2 Brüder, 1 Schwester und dann war da noch Opa Kenneth, der mir viel über Schottland und unsere stolze Vergangenheit erzählt hatte. opa Kenneth war nämlich ein Gefolgsmann von Bonnie Prince Charlie gewesen, dem rechtmässigen schottischen König und hatte ihm geholfen, als dieser aus dem Exil von Frankreich zurückkam, um die verfluchten Engländer, die Sassenachs herauszufordern. Sein bester Freund war Ranald mac Donald gewesen, der, wie so viele andere, bei der Schlacht von Cullodeen starb. Danach war er ein Geächteter und schaffte es unter vielen Entbehrungen den Weg nach Amerika zu finden.
Mein Großvater erzählte mir viel und freute sich, dass ich ihm so gerne zuhörte. Er brachte mir auch bei, wie man den Dudelsack spielt. Bis ich den Trick der richtigen Atmung erstmal raushatte!"
Ich lachte kurz.
"Well, so wuchs ich auf - wohlbehütet in der schottischen Gemeinde, die auch in Amerika fast ausschließlich Gaeloch sprach, die Sprache unserer Heimat.
Meine vorwitzige und hitzköpfige Schwester Sorcha war die erste, die gegen unsere Regeln verstieß. Sie lernte einen dänischen Zimmermann kennen, der Björn hieß und brannte mit ihm durch nach Boston, wo sie sich eine Existenz aufbauten. So eine Schande! Björn war kein Schotte und obendrein auch noch Protestant! Aber ich mochte Sorcha und wünschte ihr viel Glück.
Schotten sind geizig, das weiss jeder! Ist es da ein Wunder, dass mein ältester Bruder Bankkaufmann und mein anderer Bruder Händler wurde?
Doch was war mit mir?
Vater steckte mich zu einem Apotheker in die Lehre, aber glücklich war ich da nicht.
Ich hatte viel gehört und gelesen über den Westen und es drängte mich, mein Glück auch dort zu versuchen.
Schließlich ergab es sich, dass ich schnell handeln musste. Murren mac Allister war schwanger und sie suchte nach einem Mann, dem sie das anhängen konnte. Unglücklicherweise hatte auch ich von Murrens Reizen genascht und obwohl Duncan mac Leodh sie wahrscheinlich geschwängert hatte, dacchte ich mir: sicher ist sicher! und verabschiedete mich aus der Gemeinde. Meinen Eltern sagte ich nur, dass ein aufstrebender Kaufmann im Westen mir eine Anstellung geboten hatte - in Wahrheit war Dan o´Leary nichts anderes, als ein irischer Whiskeyschmuggler, der den Zoll umging.
Doch so zog ich los und ich hatte nur einen Gedanken!
Go west! Und das möglichst weit.
Und so kam es, dass ich schließlich nach Jacksonville kam, wo alles begann ...
Ich war im wilden Westen angekommen, ich war ein Greenhorn und ich traf Miss Fisher ...

Völlig abgebrannt traf ich in Jacksonville ein.
Staubbedeckt, dreckig, müde und meine letzten Bohnen hatte ich vor drei Tagen gegessen.
Ich war müde, hungrig und völlig fertig.
Die Sohlen meiner Stiefel waren durchgelaufen und ich hatte auch kein Reittier mehr. Dan o´Leary hatte mich schwer übers Ohr gehauen und mir auch nicht den vereinbarten Lohn gezahlt. Hier im Westen musste man Lehrgeld zahlen und ein Wort war nicht immer ein Wort.
Als ich nach Jacksoville kam, sah ich als erstes die Viehtränke bei Bens Stallungen und tauchte meinen Kopf in das kühlende Nass.
"Ahhh!"
"Das hier ist für das Vieh und die zahlenden Gäste", schnauzte mich ein Mann an, der wahrscheinlich dort arbeitete.
"Hab´keinen Penny, sorry!" erwiederte ich lachend, während mir das Wasser über das Gesicht rann.
"Bist pleite, ne? Wennde willst, kannste für mich die Pferdeställe säubern. Kriegst auch nen Vierteldollar dafür und ich mache keinen Stress wegen dem Wasser."
Es war okay.
Als ich mich ein bisschen erholt hatte, säuberte ich die Pferdeställe, tränkte die Tiere und gab ihnen auch noch Futter. Es war schon dunkel als ich endlich fertig war und gnädigerweise ließ mich Regis, so hieß der ,Mann, im Stall bei den Gäulen schlafen.
Mir taten alle Knochen weh und ich fiel sofort in einen tiefen Schlaf.
Geweckt wurde ich kurz nach Sonnenaufgang.
Regis stand über mir und hatte mich gerade mit einem Stiefeltritt zurück in die Wirklichkeit geholt.
Während er auf einem Grashalm kaute meinte er:
"Könntest mal eben die Pferde tränken, füttern und striegeln! Dann gibt´s sogar ein Frühstück!"
"Okay!" meinte ich und stöhnte nur kurz wegen dem Muskelkater, den ich mir eingefangen hatte.
Also vergaß ich Anna-Belle, von der ich gerade geträumt hatte und machte mich an die Arbeit. Dann bekam ich tatsächlch eiin Frühstück.
Heißhungrig stopfte ich die Rühreier und den Speck in mich hinein, während Regis regungslos zusah.
"Bist ´nen Greenhorn, ne? Kannst aber arbeiten. Ich stell´dich nachher jemandem vor. Vielleicht hat die Dame einen Job für dich.
"Wie heisst du eigentlich?"
"Jeremiah!"
"Ah, Jerry also, gut!"
Dann verschwand Regis und ich erhaschte einen kurzen Blick auf einen Indianer, der über die Straße ging. Es war der erste Indsman, den ich zu Gesicht bekommen hatte.
Neugierig musterte ich ihn.
Er bemerkte es und lächelte mich an.
"Howdy, wer bist den du?"
"Ich bin Jerry und du?"
"Ich bin Grauer Luchs."
"Ah! Ich bin neu hier und kenne noch keinen."
"Das geht schnell", meinte Grauer Luchs und ging weiter. Offenbar hatte er irgend etwas zu tun.
Und so war es auch. die Leute hier waren nicht gerade redselig oder besonders kontaktfreudig, aber da ich neu war, zeigten einige von ihnen durchaus Interesse.
Und so kam es, dass ich ziemlich gut gelaunt war, als ich am späten Nachmittag endlich Miss Fisher begegnen durfte, der reichsten Frau am Ort und einer echten Südstaatenlady.
Mann, sah die gut aus!

Miss Fisher war von Kopf bis Fuß eine echte Lady.
Sie trug feine Kleidung, wie sie die feinen Damen des Ostens etwa in Boston trugen, sprach mit einem leichten französischen Akzent und hatte allerfeinste Manieren.
Taktvoll sah sie über meine schäbige, wenngleich frisch gesäuberte Kleidung hinweg und fragte mich etwa eine Viertelstunde lang aus, wer ich war und woher ich kam. Zwischendurch nickte sie en paarmal mit dem Kopf, was ihren Hutschleier in eine raschelnde Bewegung versetzte. Dann traf sie eine Entscheidung.
"Also gut, Jerry, du kannst für mich arbeiten. Ich habe aus dem geringfügigen Vermögen, dass mir meine zwei verstorbenen Ehemänner hinterlassen haben, ein junges und zukunftsträchtiges Geschäft aufgebaut - Import - Export - der große Markt, wenn du verstehst. Um den Westen zu erschließen werden eifrige Leute gebraucht, die mir bereitwillig zur Hand gehen und - sie lächelte zuckersüss - einen Sinn fürs Geschäft haben ohne allzuviele Skrupel. Dabei kannst du mir helfen, wenn du magst."
Ich überlegte kurz, was sie wohl genau damit meinen könnte, aber allein die Aussicht auf einen lohnenden Job ließ mich nicht zögern.
"Wenn sie es wünschen, Miss Fisher, dann bin ich ihr Mann! Sagen sie mir nur, was ich für Sie erledigen soll, Mademoiselle!"
Erneut lächelte sie mich an, diesmal war es zweifellos ein strahlendes Lächeln. Dann meinte sie:
"Je suis enchantee! Regis, gib´Jerry ein bisschen Kleingeld für seine
Unkosten!" Daraufhin warf mir der Cowboy einen Lederbeutel zu, in dem es nach reichlich Silber klimperte. Ich fing ihn auf.
Alors, mon Cherie! Hast du ein bisschen Geld, kannst du gehen in den Saloon und sehen, ob du ein paar Freunde findest - für deinen ersten Auftrag! Gibt es da einen fürchterlichen Engländer ohne Culture und Anstand, der versucht hat, mich zu übervorteilen bei einem Geschäft, das tres wichtig war. Ich wäre dir sehrrr dankbar, wenn du dieses kleine Prroblem für mich aus der Welt schaffen würdest - endgültig. Ach ja, der Name dieses Kretin lautet Jacob, Jacob Astor. Sage Reggie Bescheid, wenn der Job erledigt ist. Au revoir!"
Miss Fisher wedelte mit ihrem parfümierten Spitzentaschentuch und ich brauchte ein paar Momente, bis ich begriff, dass ich entlassen war.
Beim Hinausgehen flüsterte mir Regis zu.
"... und besorg´dir eine gute Knarre!"

Ich lehnte mich zurück in meinen bequemen Stuhl im Saloon und sah zu, wie Wolf kommentarlos beim Pokern mitging, als Maxi erhöhte.
Dieser alte Fuchs! dachte ich und lächelte.
Maxis Gesicht war das reinste Bilderbuch - genau das Gegenteil von Wolf.

"Well, so lernte ich also Miss Fisher kennen und ich arbeitete eine ganze Weile für sie. die Aufträge warren selten schwer, aber hin und wieder ein wenig pikant. Sie zahlte ganz anständig - und wurde dabei immer reicher.
Schon bald hat sie ihre eigene kleine Stadt völlig unter Kontrolle und meine Aufträge erforderten es, dass ich viel in der Gegend herumreiste.
Doch ich besaß jetzt auch einen eigenen ganz brauchbaren Gaul und vor allem ein paar brauchbare Waffen, mit denen ich täglich trainierte.
Ich hatte auch Freunde gefunden.
Da war zum einen der Reverent und zum anderen der Doc.
Beide waren wie ich schottischer Abstammung und teilten meine Vorliebe für einen guten schottischen Whiskey und meine Abneigung gegen die Sassenachs, die Engländer.
Rev. Joshua Doom war ne Marke für sich. Er sprach nicht viel, wenn er nicht gerade predigte und wenn er das tat, predigte er voller Überzeugung das Wort des Herrn, der die Übeltäter, Schurken, Bösewichter und Engländer vernichtete - so wie Joshua und seine Posaunen von Jericho. Irgendwie hatte ich die Bibeltexte friedlicher in Erinnerung und ich dachte mir insgeheim, dass Joshua Doom wohl auch nicht der richtige Name meines Freundes war, zumal der unverkennbar einen Mac Kenzie Akzent hatte - aber Schwamm drüber! so genau wollte ich es auch nicht wissen.
Der Doc war hingegen sehr gesprächig und gesellig. Er vertrug darüberhinaus eine derartige Menge Whiskey, dass man nur staunen konnte. Wahrscheinlich hatte er ein Geheimrezept dafür. Doc Wally Scott hieß eigentlich Walther Mac Doughal und stammte aus einem kleinen Clan an der Grenze zu den Lowlands - dort, wo Bonnie Prince Charlie einst sehr umstritten war. Doch das merkte man dem Doc nicht an, wenn er nach dem x-ten Glas Whiskey das Trinklied auf den leider gescheiterten König von Schottland anstimmte: Come on, fetch me a pint of beer and fill it in a silver tassie! So I may drink, before I go as a service to my bonnie lassie! Außerdem konnte er ebenfalls den Dudelsack spielen und das taten wir auch gerne gemeinsam, wenn mal wieder ein schottischer Feiertag angesagt war.
Irgendwann - der Barkeeper im Saloon hatte bereits das Licht gelöscht - hatte einer von uns die Schnapsidee, eine eigene Stadt zu gründen. Der Rev. sollte dabei nicht nur den Prediger, sondern auch noch den Richter geben, Doc Wally wollte eine eigene Praxis aufmachen und ich - ich sollte den Bürgermeister geben. Zuerst geriet die Idee in Vergessenheit, wie so viele Ideen, die man beim Whiskey diskutierte, aber schließlich ergaben sich einige Umstände, die uns dazu brachten, die ganze Sache tatsächlich in Angriff zu nehmen.
Nicht ganz unbeteiligt daran war natürlich Miss Fisher und ein zwielichtiger Kerl namens Firetouch, der in letzter Zeit immer in der Gegend herumlungerte...

"... und zum sehen!"
Die Runde war vorbei und Wolf strich seelenruhig das Geld ein, während Maxi nur zuschauen konnte. Eine Straße war eben besser als drei Asse!
"Neue Runde?" fragte Wolf, während er Snowflake zuzwinkerte.
"Bin dabei", meinte ich und sah zu, wie Silkog die Karten aufhob und neu mischte.

... wieder die Erinnerung.
Da war ein anderes Pokerspiel in einem anderen Saloon.
Doc Wally war ein Schlitzohr und lange nicht so betrunken, wie er tat.
Der Mexikaner merkte nicht, wie er nach und nach ausgenommen wurde.
Dafür merkte er reichlich den Tequila. Die Bardame sorgte dafür, dass sein Glas nicht lange leer blieb.
Der Rev. stand abseits und fingerte scheinbar gedankenverloren an seiner Waffe.
Gerade debattierten Doc Wally und der Mexikaner, ob man die komische Landkarte als Einsatz akzeptieren konnte, die der Mexikaner ins spiel gebracht hatte und wieviel die wert sei.
"Ist der Weg zu nem todsicheren Claim, Senor!"
"Pah, Claim!!! Wahrscheinlich nur Katzengold oder ein englischer Schwindel!"
"Nein, nein! Hab´das Ding von nem alten Indianer gegen 1a Tequila eingetauscht!"
"Du meinst den Fusel, mit dem du und Pedro damals in Wichita ein ganzes Dorf blind gemacht habt? mischte ich mich ein.
Der Mexikaner hob beschwörend die Hände - ohne natürlich seine Karten loszulassen.
"Daaas war nur ein tragischer Unfall!!!"
"Natürlich", meinte ich: "... und seit der Zeit suchen sie dich in drei Bundesstaaten, Pedro."
"Ein Missverständnis, ganz sicher!
"Natürlich, Pedro!"
Mittlerweile hatte Doc Wally erfolgreich seine Karten vertauscht und gewann die Runde selbstverständlich.
Einer der Zuschauer - ein gewisser Staublunge - wollte wohl etwas sagen, entschied sich jedoch dagegen, als der Rev. ihn ins Auge fasste.
Zwei Tage später saßen wir drei im Sattel und folgten der Karte.
Es war nur ein paaar Tagesritte entfernt.
Ich registrierte, dass das Land hier fruchtbar war. Wasser war reichlich vorhanden und sogar ein See mit Fischen war da.
Östlich davon waren Berge zu sehen und da mochte der Claim liegen.
Aber ich fand diese Stelle hier geradezu ideal.
"Wie wäre´s Jungs! Sollen wir hier ne Siedlung aufbauen?"
Doc und der Rev. sahen sich um und warren schließlich einverstanden.
Es gab reichlich Holz, Steine und anderes Baumaterial, Wild zum jagen war vorhanden und da war natürlich noch der Claim in der Nähe ...

So also entstand Connell Creek.

Die nächste Runde Pokern ging an Silkog.
Mit einem Lächeln sammelte sie ihren Gewinn ein und meinte:
"Das nehme ich als kleine Spende für die Gemeindekasse!"
Ich hatte genug. Zwar war ich vorsichtig gewesen und hatte kaum etwas verloren, aber ich besaß ja auch nicht viel.
Das war einmal anders gewesen...

Die erste Zeit in Connell Creek war arbeitsreich, aber schön.
In der Nähe war ein Indianerdorf mit freundlichen und friedlichen Bewohnern, mit denen wir regen Tauschhandel betrieben. Ein paar von ihnen halfen auch beim Aufbau der Stadt mit, andere Siedler kamen hinzu und langsam wuchs unsere Stadt heran und gedieh.
Sie war zwar etwas abgelegen und es war recht teuer Güter dorthin zu importieren, aber bei all dem war uns Miss Fisher sehr behilflich, die sich nach und nach beinahe schon ein Handelsmonopol sicherte.
Sie schloss auch einen Städtebund mit uns und wir feierten das Bündnis drei Tage lang und ließen Miss Fisher hochleben, die so ganz nebenbei in Aussicht stellte, dass sie vielleicht für das Amt einer Gouverneurin und Senatorin zur Verfügung stand. Ihr getreuer Regis, den man in letzter Zeit meistens nur noch in feinen Klamotten und mit Krawatte sah, war dabei stets an ihrer Seite. Auch andere feine und hochgestellte Leute ließen sich zuweilen blicken, wie etwa General Goover oder die Abgesandten von anderen Städten.
Auch dieser Firetouch ließ sich zuweilen blicken, hielt sich aber meist im Hintergrund und beobachtete nur.
Dann schließlich erbauten wir gemeinsam mit Miss Fisher das erste Fort. Miss Fisher hatte zuvor eine flammende Rede gehalten und uns von der Notwendigkeit überzeugt, dass wir ein Fort brauchten, um den Bund zu stärken, wenn wir wollten, dass unser Gebiet einmal ein eigener Bundesstaat werden sollte.
Mit dem ersten Fort kamen auch schon bald die ersten Fortkämpfe und wir, die wir davon kaum eine Ahnung hatten, blieben erst einmal außen vor. Stattdessen sorgten wir weiter für Nachschub an Material und den weiteren Ausbau.
Ein oder zweimal beteiligten sich Einige von uns dann doch an den Kämpfen, aber es kam nicht viel dabei heraus.
Schließlich, eines schönen Tages, platzte die Bombe.
Wir erhielten plötzlich keinen Zugang mehr zu unserem Fort und mussten feststellen, dass Miss Fisher uns zuerst ausgenutzt und dann hintergangen hatte. Der Bund war mittlerweile gewachsen, aber eine Clique, die sich die "Hüte" nannte hatte da das Sagen. Unsere Stadt besaß dabei nicht einmal einen Vertreter. Und dann kam es, wie es kommen musste. Miss Fishers Intrigen zogen weitere Kreise und sie selbst legte sich mit den "Hüten" an. Die Politik wurde immer verwirrender, aber anscheinend schaffte die Lady es, alles auf uns abzuwälzen und schließlich schritt die Regierung ein. Firetouch stellte sich als Beobachter der Regierung heraus und ich weiss nicht, welche Gelder in welche Kanäle geflossen sind, aber auf einmal waren wir alle Verbannte, Miss Fisher saß in Washington und wir mussten alles, was wir uns aufgebaut hatten verlassen und Hals über Kopf die Stadt verlassen.
Vom Rev. habe ich seit der Zeit nichts mehr gehört und der Doc hat sich wohl in Indiana niedergelassen, wo er sich mit einem gefürchteten Gesetzlosen namens Dully zusammengetan hat.
In der gemeinsamen Zeit hatte ich so einiges vom Doc gelernt und so beschloss ich, mein Glück in einer anderen Gegend zu suchen, wo ich das Handwerk eines Quacksalbers erlernen wollte.
An einer Hauswand an der mein Steckbrief hing, war auch ein Stück von einer alten Zeitung geklebt. Darauf las ich von einem neuen Gebiet, das erst kürzlich zur Besiedlung freigegeben wurde. Der Name lautete Lousiana.

Das Pokern ging weiter, aber ohne mich.
Jetzt hatten sich der berüchtigte Revolverheld Rockso und sein nicht minder berüchtigter Kumpel Cheyenne, der erst kürzlich in die Stadt gezogen war, dazu begeben.
Waldana, Cheyennes Flamme spielte den Kiebitz.
Na, wenn das mal gut ging!
Seltsamerweise gewann Maxi die nächste Runde und damit wieder enorm an Zuversicht.
Na, wenn das mal ein Zufall war!

Ich verzog mich an die Theke und orderte noch einen Whiskey.
Von dort aus ließ ich meine Blicke durch den Saloon schweifen, bis sie fast automatisch bei der schönen Snowflake hängen blieben.
Die hatte natürlich nur Augen für ihren Wolf.
Ich seuftzte.
Sie war eine der ersten Damen, die ich hier in Louisiana kennenlernte.
Ich erinnerte mich ...
Sie hatten mich gejagt - fast 30 Tage lang! Erst als ich die Grenze nach Louisiana passiert hatte, gelang es mir, sie abzuschütteln. Oder auch nicht? Keine Ahnung! Ich war kaum aus dem Sattel gekommen und mein Hintern war wundgeritten. Auch mein treuer Gaul war mitgenommen. Er lahmte und der letzte Hafer war längst verbraucht. Der Staub klebte auf meiner Kleidung und in meinen Poren und Bartstoppel wucherten über mein hageres Gesicht.
Jetzt wurde ich nicht mehr verfolgt, aber hier gab es wenige Orte, an denen man sich ausruhen konnte. Hier war der Westen noch wild und ungezähmt und die Indianer nicht unbedingt freundlich. Jeremiah Johnsson, ein alter Trapper riet mir, die Jagdgründe der Cree zu meiden. "Die fackeln nicht lange und die können kämpfen ...!"
Ich hatte Gerüchte von einer neugegründeten Siedlung gehört, aber ich wusste nicht so genau, wo die liegen sollte.
Ach, was würde ich jetzt für ein heißes Bad und ein gutes Essen geben!
Doch meine Vorräte waren aufgebraucht. Selbst mein letztes Salz hatte ich bei den Flathead gelassen - im Tausch gegen einen intakten Wasserbeutel.
Ich besaß nur noch einen Beutel mit ein paar Rationen Magenmittel, einer leicht herzustellenden aber gut wirksamen Substanz, deren Rezept mir damals der Doc verraten hatte. Doch das stillte keinen Hunger und mein Magen knurrte ziemlich laut, während ich durch die Gegend ritt, die die Flathead-Indianer die Snowgoose Mountains nannten.
Tanzender Rabe hatte mir die Legende von der Puma-Frau erzählt, einer Weißen mit hellgelbem Haar, wie das Fell eines Pumas eben, die auch hier irgendwo tatsächlich mit einem Puma zusammen in den Bergen leben sollte.
Ob das nur ein Gerücht war?
Ich beschloß die Augen offen zu halten.
Die Landschaft war schön und wild. Das jagdbare Wild war vorsichtig. Irgendjemand hatte es hier schon gejagt, aber ich konnte keine Spuren entdecken.
Erst als es schon langsam dunkel wurde und ich nach einem geeigneten Lagerplatz Ausschau hielt, wurde ich fündig.
Zuerst sah ich den Bach.
Ah! Frisches Wasser! Gut!
Dann sah ich, dass da am Ufer offenbar jemand bereits ein Lager errichtet hatte.
Als nächstes - als ich mich auf das klicken eines Hahns hin umdrehte - sah ich in die Mündung einer großkalibrigen doppelläufigen Flinte.
Am Ende der Flinte befand sich eine Frau. Ich konnte hellblonde Locken in der dämmerung ausmachen.
Die Pumafrau! dachte ich.
"Äh, mal langsam! Du kannst die Knarre ruhig runternehmen. Ich tue dir nichts. Ich heiße Jerry!"
"Natürlich tust du mir nichts, Fremder! Du würdest es bereuen!"
Dann schob sie sich mit der Linken ihre vorwitzige Locke aus dem Gesicht.
"Du bist also Jerry - Jerry Dreckspatz, nehme ich an.
Ich heiße Snowflake."
"Ich KÖNNTE baden", meinte ich mit einem sehnsüchtigen Blick zum Bach.
2 ... und etwas zu essen vertragen," fügte ich hinzu, wo ich schon mal dabei war.
"Ich habe Bohnen", meinte sie.
"Ich liebe Bohnen! antwortete ich.

Sie pokerten weiter und ich nippte an meinem Whiskey, während ich weiter meinen Erinnerungen nachhing.

Wir begannen uns zu unterhalten und Snowflake legte endlich ihre Knarre beiseite. Hier in der Wildnis waren Begnungen selten und man wusste nie, an wen man geriet, aber wenn man erst mal merkte, dass der Andere es nicht darauf anlegte, einen auszurauben oder gar zu töten, dann kam die Neugier auf.

Während ich mich als erstes um mein armes Pferd kümmerte, ihm Wasser gab und es striegelte, erzählte ich Snowflake von meinen jüngsten Erlebnissen und sie nickte verständnisinnig, als sie von den Warnungen vor den Cree hörte.
Ja, die sind ziemlich hartgesotten," meinte sie, aber sie haben auch Respekt, wenn man sich zu wehren weiß."
Ich hegte keinen Zweifel, dass sich die "Pumafrau" wohl ihren Ruf erworben hatte.
"Ich bin kein großer Krieger", gab ich zu. "Ich über zwar regelmäßig mit der Waffe, aber gegen erfahrene Duellanten habe ich keine Chance."
"Was kannst du denn? fragte sie neugierig. "Wie ein totales Greenhorn siehst du nicht aus - nur ziemlich dreckig, halt!"
Wir mussten beide lachen.
"Na ja, wenn ich hier gleich mit dem Gaul fertig bin, dann werde ich als erstes mir eine schöne Stelle hier am Bach suchen und dann ..."
Snowflake grinste schelmisch.
"Der kommt ganz oben aus den Snowgoose Mountains und ist sehr kalt!"
Ich bin nicht aus Zucker, gab ich zur Antwort.
"Besser ein kalter Bach, als gar kein Bach!"
"Wäre eine heisse Badewanne da nicht angenehmer?" fragte sie da leicht spitzbübig.
Wieder lachte ich.
"Oh ja, natürlich ware es das! Und mit Seife und anschließend mit einem weichen Handtuch um die Lenden, während die gleichfalls frischgewaschenen Klamotten trocknen ... am liebsten in einem feinen Hotel, wo einem dann nach einem reichlichen Abendessen auch noch ein Stück Torte serviert wird," schloß ich meine Spinnereien ab.
"Nun", wieder einmal fuhr ihre Hand über die Stirn, um erneut die vorwitzige Lock beiseite zu schieben - diesmal war es die Rechte - "ich habe zwar kein Hotel, aber eine solide Blockhütte ganz in der Nähe, einen heißen Ofen, genügend Brennholz und ... eine Badewanne ... aber zuvor", sie lächelte zuckersüß, "zuvor würde ich gerne wissen, was du so kannst - oder vielmehr, womit du es bezahlen kannst?"
"Uups!"
Bevor ich lange überlegen konnte, was ich eigentlich konnte, knurrte wieder einmal mein Magen.
"Tja nun, ich habe ein paar Dinge von einem Doktor gelernt und kann zum Beispiel ein recht wirksames Magenmittel herstellen." Wohlweißlich verschwieg ich, dass Doc Wally eigentlich ein Tierarzt war.
Dann fiel mein Blick auf ihr Lager.
"Warum kampierst du denn hier, wenn du eine Hütte in der Nähe hast?"
Doch als ich die Pfanne sah, zählte ich Eins und Eins zusammen.
"Du suchst hier Gold, nicht wahr? Ich könnte dir ein paar Tage dabei helfen, wenn du magst. Bei so etwas findet man oft Katzengold und das brauche ich für mein Magenmittel"
Sie runzelte die Stirn.
"Und wenn wir etwas finden? Vielleicht willst du mich ja dann doch ausrauben - oder so?"
Aber nein! wehrte ich ab.
Ganz großes schottisches Ehrenwort! Gastfreundschaft ist uns heilig! Es sei denn ..." räumte ich ein, "du bist Engländerin, da gilt das nicht."
"Nein, ich bin keine Engländerin," stellte sie fest.
"So,so ... ein Schotte also!"
"Ja, gestatten!" ich verbeugte mich höfliich "Jeremiah Finbar Charles Mac Conal aus dem Clan der Mac Conals, hier im westen aber einfach nur Jerry Connell."
Jetzt lachte sie wieder. es war ein fröhliches Lachen.
"Ein höflicher schottischer Dreckspatz, also! Na gut, ich will dir mal glauben. Jetzt komm´! Es ist nicht weit."

ch lächelte und nippte an meinem Whiskey.

Ja, so war das damals, als ich Snowflake kennenlernte.
Ich folgte ihr zu ihrem Blockhaus, erhielt mein heisses Bad, ein gutes Essen und noch so einiges mehr, über das ich hier nicht näher berichten möchte und ich blieb eine Zeit bei ihr.
Wir arbeiteten zusammen und wir lachten zusammen. Ich mochte ihren Humor und ihre direkte unverblümte Art. Ich gedenke wir beide genossen die Gegenwart des Anderen.
Wenn ich damals geblieben wäre ... Wer weiss?
Doch so kam dann irgendwann die Zeit des Abschiednehmens, denn ich wollte weiter, wollte eine Siedlung finden oder auch mitaufbauen, so wie ich es schon damals in Connell Creek getan hatte.
Nach einem langen Abschiedskuss saß ich schließlich wieder auf dem Rücken meines Gauls, die Satteltaschen voller Bohnen, die sie hinter der Hütte selbst angebaut hatte. Ich blickte zurück, zu der Windmühle und dem Schuppen, den wir zusammen erbaut hatten und zu der Holzkonstruktion die das Wasser so umleitete, dass man leichter das Gold aus dem Bach waschen konnte. Auch ich hatte meinen Teil geleistet.
Ich lächelte Snowflake an und sie lächelte zurück.
Wir waren Freunde geworden, aber nach wie vor war jeder von uns unabhängig und frei. Und so sollte es sein.
"Mach´s gut, Flöckchen! Wenn du mal einen Freund brauchst - oder nur mehr von meinem Magenmittel, dann lass´es mich wissen!"
"Mach´s gut, Jerry! Wo es Bohnen gibt, das weisst du ja jetzt. Denk´dran! Nur der Preis muss stimmen! Und wasch dich ab und zu!"
Und dann ritt ich fort - der Sonne entgegen, die furchtbar blendete. Oder warum hatte ich da plötzlich eine Träne im Auge?

Der Sommer neigte sich dem Ende zu und die klugen und erfahrenen Leute, die wussten, wie man überlebte, sorgten für Vorräte.
Ich wollte auch überleben, aber das würde ich wohl nur, wenn ich endlich eine Siedlung fand, wo ich mich niederlassen konnte.
Ein mürrischer alter Goldgräber, der so aussah, als sei der viele Pelz auf ihm angewachsen gab mir schließlich die Auskunft ins Flachland zu ziehen.
Da gab es einen Fluß - ohne Gold - aber voller Fische und wohl auch einige Siedlungen. Eine davon wurde von einer wohlhabenden reichen Händlerin regiert, die schon viele Siedler aufgenommen hatte. Auch der Name fiel. Sie hieß Constanzia Esmeralda Lucia de la Santos, aber die Leute nannten sie nur "Übermutti"! Sie war in jeder Hinsicht eine gewichtige Erscheinung und ihr Begleiter, ein gewisser Enibas trug den Beinamen "der Coyote", was ihn hinterlistig, gefährlich und unberechenbar erscheinen ließ. Neuerdings mischte da wohl auch noch ein junger Westpointabsolvent mit, ein ausgebildeter Taktiker und Stratege, aber in mancher Hinsicht wohl auch ein Bruder Leichtfuß, der wohl nicht umsonst den Spitznamen "Groovy" trug.
Klingt interessant, dachte ich so bei mir und nahm mir vor, die Genannten mal kennenzulernen.
Nebenbei überlegte ich, ob ich mir auch so einen markanten Spitznamen zulegen sollte.
Hmmh, Jerry Bohnenesser, nein! Furry Jerry, nein! JFC,neeee!
Ach Scheiß drauf!

Ich ritt weiter in die erwähnte Richtung, sah dann auch schon den Fluß, als ich plötzlich ein wirklich brrrrüllendes Gelächter vernahm.

 

Ich ritt über eine Hügelkuppe und dann sah ich auch schon, was da vor sich ging.
Da unten am Fluß herrschte reges Treiben.
Man hatte dort eine provisorische Bootsanlegestelle zusammengezimmert, an der ein Lastkahn vor Anker lag. Am Ufer standen eine Reihe Zelte und eine Blockhütte. Es war ein Sammelplatz. Die Trapper oder auch Holzfäller aus der Gegend kamen hierhin, um ihre schwer erarbeiteten Produkte abzuliefern und dafür im Tausch die Dinge des täglichen Bedarfs einzutauschen, die sie in ihrer sonstigen Abgeschiedenheit brauchten.
Ich zügelte auf der Hügelkuppe meinen Gaul und sah eine Weile zu.
Den Grund ihres so imposanten Gelächters hatte ich leider verpasst, aber die Stimme war eindeutig zuordbar. Sie gehörte einer eher zierlichen attraktiven jungen Dame mit genauso rotem Haar, wie ich es hatte. Gekleidet in ein kariertes Baumwollhemd stand sie da an Bord des Kahns mit aufgekrempelten Ärmeln und kommandierte lautstark die hin- und her wuselnden Leute, die gerade den Kahn beluden.
"Eeeeeh, Hank !!! Schlaf´nicht beim Gehen ein! Wir wollen die Ladung heute noch an Bord kriegen! Blauer Bär! Bis zum Winterschlaf hast du noch ein paar Monate! Solomon, kannst du vielleicht beim nächsten Mal mehr als 4 Felle auf den Arm nehmen?-Danke! Chantal, konzentriere dich auf die Listen und nicht auf Johnny, höööörst du??"
Beeindruckt sah und hörte ich zu.
Wie konnte eine solche zierliche Person eine solche Stimmkraft entfalten? Abgesehen davon wusste sie genau was sie sagte und die Leute spurten.
Ich schaute genauer hin. Sie trug eine Brille, deren linker Bügel ihr gerade vom Ohr rutschte, als sie einen graubärtigen Trapper anfuhr:
Old Blade! Wie oft hab´ich dir schon gesagt, dass du deine stinkenden Felle zu waschen und zu gerben hast, bevor ich sie mitnehme, heeeh?!?!
Dann wanderte mein Blick zur Blockkhütte, dem einzigen soliden Haus am Platz.
Ich vermutete natürlich als erstes, dass es eine Art provisorischer Saloon war, der dazu diente, den Trappern und Holzfällern ihr soeben verdientes Geld wieder aus der Tasche zu ziehen.
Well, ich besaß kein Geld und dachte mir, ich könnte mir das einmal näher ansehen. Also lenkte ich mein Pferd den Hügel hinunter, während ich die Stimme der Dame vernahm, die auf dem Kahn weiter herumkommandierte...
"Erik, ich mache Stockfisch aus dir, wenn du nochmal einen Sack Tabak fallen lässt und duuu Fatty wirst demnächst auf Diät gesetzt, wenn du meinst mich und die Company verarschen zu können!!!"
Dann, als ich näher kam, sah ich was Sache war.
Die Leute standen Schlange, um offenbar einen Job bei der Company der rothaarigen zu kriegen.
Ach!!! dachte ich. wie bemerkenswert.
Du Aaaarschlooooch!!! dröhnte es gerade vom Anlegesteg.
"Hey, was ist hier los?" fragte ich einen alten Goldsucher, der gerade seine Whiskeyflasche absetzte, aus der er getrunken hatte.
"Ooh!" meinte der und rülpste erst einmal.
"Die Company hat Jobs, Gold findet nicht jeder und der Winter kommt - irgendwann. ....
Ich sah den alten Mann entgeistert an. Du meinst, die hier - ich deutete auf die Schlange von Wartenden vor der Blockhütte - wollen alle für die ... äh ... Company ?! ... arbeiten?
"Jepp, zahlen gut, halten Wort, sind in Ordnung!" Dann nahm er noch einen Schluck Whiskey und ehe ich ihn noch weiter ausfragen konnte, sackte er zusammen. Er landete weich auf einem Stapel Mehlsäcke.
"2Mhmmmh!?!?!?"
Ich stellte mich mal an in der Schlange. Einen Job konnte ich auch gebrauchen.
Mal sehen, was die so zahlten oder anzubieten hatten ...
Die Schlange endete vor der Tür des Blockhauses.
Da war ein Tisch aufgebaut und da saß in einem Stuhl die Person, die die Leute musterte, anheuerte oder was auch immer.
Ich hatte einen kurzsichtigen Schreiberling erwartet, den man wegen Unfähigkeit aus der Telegrafenstation rausgeschmissen hatte, oder einen zigarrekauenden Fettsack mit berechnendem Blick, aber SIE hier war anders.
Es war eindeutig eine feine Lady. Ihr Haar war pechschwarz und ihre Augen sprachen von Temperament, hatten aber auch gleichzeitig enormen Tiefgang. Sie waren ebenfalls schwarz und unwillkürlich fühlte ich mich an die Erzählungen meiner Eltern erinnert, die mir einst von den Hexen des schottischen Hochlands berichtet hatten. Sie trug feine und teure Kleidung und einen großen goldenen Ohrring. Sie sprach relativ leise, ganz im Gegensatz zu der kleinen Rothaarigen, die man wahrscheinlich noch im nächsten Bundesstaat hören konnte. Doch schüchtern oder ängstlich war sie nicht. Man konnte den Stahl in ihrer täuschend sanften Stimme erahnen.
Schneller als mir lieb war, war ich an der Reihe.
"Lieferant, Käufer oder auf der Suche nach einem Job?" fragte sie mich.
"Äh, ich suche Arbeit!" rang ich mich durch.
"Du blööööde Saaau!!!" tönte es gerade vom Anlegesteg.
" ... vielleicht," fügte ich noch hinzu.
"Wir suchen Leute, die was taugen und wir zahlen gut! meinte sie sachlich und hob ihre schwarzen Augenbrauen.
"Was kannst du und wie heisst du?"
"Ich, äh, ich heisse Jerry, Jerry Connell! Ich kann ein bisschen Apotheker, lesen und schreiben, Dudelsack spielen und bin mir für keine Arbeit zu schade!"
Dann lächelte ich hoffnungsvoll.
"Das Letzte zählt. kannst als Hilfsarbeiter anfangen für 1 Dollar am Tag, heh?" meinte sie trockenund fügte hinzu.
"Gibt einmal am Tag auch noch Essen und wenn wir in der Stadt sind, finden wir einen Schlafplatz für dich. Bewährst du dich, kannste bleiben und kriegst auch mehr, wenn nicht, dann Adios Muchacho! Kapiert?"
Dann sah sie mich zum ersten Mal richtig an und ich fühlte, wie ich eine Gänsehaut bekam.
"Die Company - äh, ... wer seid ihr? Immerhin wollte ich doch wissen, bei wem ich unterschreiben sollte."
"Also mein Name ist Silkog und auf dem Kahn ist meine Partnerin Seeke."
"Ah ja!"
Ich bekam den Job und sollte beide Damen bald etwas näher kennenlernen. ...

Ein Monat war vergangen, seit ich bei Silkog und Seeke angeheuert hatte.
Seitdem hatte sich viel getan und ich hatte viele Leute kennengelernt.
Die beiden Damen haben mich in ihre Stadt mitgenommen und ich lernte Constantia Esmeralda Lucia de la Santos - kurz: Übermutti, persönlich kennen - und auch ihren Schatten Enibas. Wie der alte Goldgräber richtig gesagt hatte, war "Übermutti" eine imposante Erscheinung. Bei mittlerer Größe wog sie bestimmt locker 250 KG, aber das war beileibe nicht alles Fett. Man konnte es an den Muskeln ihrer Oberarme erkennen, die so dick waren, wie bei manch einem normalen Menschen die Oberschenkel.
Oh Mann, wenn die zuschlägt, dann wächst da kein Gras mehr! dachte ich und in meinen Geist schlichen sich Bilder von Grizzlybären, die ich schon mal gesehen hatte.
Ich erinnerte mich an Miss Fisher und erwartete eine autoritäre und machtbewusste Bürgermeisterin. Daher war ich überrascht, dass sie sehr freundlich, ja sogar nett war.
"Du bist Jerry Connell? Willkommen in meiner Stadt! Wenn du keinen Ärger machst und deine Bürgerpflichten erfüllst, dann kannst du auch von unserem Sozialwesen profitieren. Wie ich hörte, hast du bereits einen Job bei Silkog. Das ist gut, denn dann bist du auch kein Schmarotzer! Bist du etwas anderes findest, kannst du in einer der neugebauten Baracken wohnen neben dem großen Maisfeld. Eine Stunde am Tag mal den Mais wässern oder Unkraut jäten ist dafür als Miete wohl nicht zuviel verlangt, oder?"
Es war klar, dass diese Frage rein rhetorisch gemeint war, denn "Übermutti" duldete wohl keinen Wiederspruch.
Deshalb antwortete ich vorsichtig.
"Silkog und Seeke haben mir bereits eine Unterkunft in Silkogs Hotel besorgt. Ich kann da wohnen, wenn ich gelegentlich etwas repariere, das da so anfällt."
Einen kurzen Moment lang schien sich die Miene der gewichtigen Senora zu verfinstern, aber dann glätteten sich ihre Gesichtszüge und sie meinte nur lakonisch.
"Na gut! Willst du noch irgendetwas wissen oder brauchst du vielleicht etwas?"
Nein, dachte ich, ich will dir nichts abkaufen.Meine Erfahrungen mit Miss Fisher hatten mich in dieser Beziehung misstrauisch gemacht. Außerdem hatte ich in den letzten Wochen gerade mal ein bisschen Geld verdient und wollte es nicht gleich wieder loswerden.
Aber ich wollte mich nicht gleich störrisch zeigen.
"Wenn du mir sagen könntest, wo ich ein paar günstige Arbeitsklamotten herbekomme, dann würde ich mich freuen! sagte ich deshalb.
Sie nickte scheinbar verständnisvoll.
"Groooovyyy!!"
Der so deutlich Herbeigerufene erschien prompt aus dem Nebenraum.
"Das ist Jerry - der braucht Klamotten! Besorge ihm was Anständiges!"
"Natürlich, das mache ich sofort!"
Das war also der Westpointabsolvent, von dem der alte Goldgräber gesprochen hatte. Jetzt fehlte nur noch, dass ich Enibas den Coyoten kennenlernte...
doch darauf musste ich nicht lange warten.
"Ich habe wichtige politische und finanzielle Entscheidungen zu treffen, Jerry", stellte "Übermutti" klar. "Die Regeln hier und alles, was dazu gehört, kannst du dir von Enibas erklären lassen. Sie wird dich auch in ihre Fortkampftruppe eingliedern. Im Moment ist sie wohl damit beschäftigt, die neuen Steuerlisten anzufertigen, aber sie wird dich schon noch finden und ansprechen!"
Uuups !!! Bin ich hier plötzlich beim Militär gelandet? Ich war doch kein Soldat! Natürlich! sie helfen dir, aber alles hat einen Haken!
So einige Gedanken schossen mir durch den Kopf, bis ich merkte, dass mich die große Chefin längst entlassen hatte und das hieß, dass sie mich nicht einmal mehr wahrzunehmen schien, obwohl ich noch da war.
Wer jedoch da war und mich am Ärmel zupfte, war dieser Groovy.
"Hi", meinte er freundlich, aber auch ein bisschen klinisch. "Ich bin Groovy. Du brauchst Klams? Sag´mal, bist du ein Patriot?"
Das war hier im Niemandsland eine wirklich seltsame Frage, aber ich bejahte sie. Immerhin war ich ja auch ein schottischer Patriot.
"Gut", meinte Groovy und brachte mich an einen Ort, wo es wirklich tolle und brauchbare Arbeitsklamotten gab.
Als ich ihn fragte, was das kostete, winkte er nur ab und meinte: "Brauchst dafür nix zu löhnen, ist vom Sozialfond!"
"Danke schön!" sagte ich artig und dachte mir, dass ich wirklich aufpassen musste, nicht zu tief in die Fallstricke der Verpflichtungen zu geraten.
Ich würde die Klamotten zurückgeben, wenn ich eigene und bessere besaß. das nahm ich mir fest vor.

Anschließend ging ich mit meinen neuen Klamotten in den Saloon. Ich war gespannt, was Silkog und Seeke dazu sagen würden, denn beide Damen hatte ich mittlerweile schon richtig ins Herz geschlossen.
Seeke, so hatte ich schnell gemerkt beherrschte nicht nur die lauten, sondern auch die leisen Töne und Silkog war überaus korrekt und dabei einfach nur nett. Okay, sie waren im Moment beide mein Boss, aber sie kamen mir trotzdem eher wie Freundinnen vor - vor allem, weil man herrlich und herzlich mit ihnen lachen konnte.
Uns Schotten sagt man nach stur zu sein, geizig zu sein ... aber wenn wir lachen uns freuen und jemanden mögen, ja dann ...

Tatsächlich saßen beide Damen im Saloon und tranken dort gerade eine Tasse Kaffee, als ich eintrat.
Ich begrüßte sie und sie nickten mir gleichfalls zu und boten mir einen Platz an ihrem Tisch an.
"Nette Klamotten!" stellte Seeke fest.
"Ja, das sind sie und überaus praktisch zum arbeiten!" erwiederte ich.
"Meine alten Klamotten waren ja fast nur noch Lumpen gewesen".
"Du wirst auch noch andere Klamotten brauchen, wenn du uns bei den Fortkämpfen helfen willst!" stellte Silkog klar, bemerkte mein Zögern bei dieser Feststellung und hakte nach.
"Du willst uns doch dabei helfen, nicht wahr Jerry, oder???"
Da war er wieder, dieser Blick von Silkog! Zusammen mit dem Tonfall ihrer Stimme ergab das eine Mischung, der man sich nur schwer entziehen konnte.
"Ich ... ähem ... ich weiss es noch nicht."
Unwillkürlich duckte ich mich ein wenig.
"Habe kaum Erfahrung darin ..." brachte ich heraus.
"Dem ist abzuhelfen!" entgegnete Silkog.
"Groovy kommt von Westpoint. Der kennt die richtigen Taktiken!"
"Und dann ist da noch Enibas," fügte Seeke hinzu.
"... wenn die dich in die Mangel nimmt, dann lernst du schnell!"
Seeke lächelte.
Mir war garnicht so sehr nach einem Lächeln zumute.
Oh, ja! Diese Enibas hatte ich schon kennengelernt. Nach den Beschreibungen hatte ich erwartet, dass Enibas ein Kerrl sei, aber es war eine Fau - also nicht Coyote, sondern Coyotera. Dieser lauernde verschlagene Blick! Brrrh!

"Du hast mir noch nicht geantwortet, Jerry!" hakte Silkog nach.
"Wie ist es also? Machst du bei den Fortkämpfen mit oder machst du bei den Fortkämpfen mit?"
Resigniert zuckte ich mit den Achseln.
"Ja, ja, ich werde schon mitmachen!"
"Prima!" rief Seeke fröhlich.
"Groovy sucht immer neues Kanonenfutter und wenn du nicht gleich in der ersten Runde über den Haufen geknallt wirst, dann macht das auch Spaß!!!
Mein Lächeln war da eher etwas zögerlich, aber was sollte ich machen?
Schließlich war ich den Leuten ja auch verpflichtet.
Also bestätigte ich es noch einmal.
"Ja, ich mache mit!"
Silkog, die meine diesbezügliche Unsicherheit natürlich bemerkt hatte, fügte noch erklärend hinzu:
"Wir sind hier im wilden Westen. So wird hier Politik gemacht und auch Ansprüche geltend! Wer etwas zu sagen haben will, der muss in der Lage sein, es auch durchzusetzen - als Einzelner in den Duellen, als Gemeinschaft jedoch in den Fortkämpfen!"
Das klang dann irgendwie einleuchtend und so bestellte ich mir erst einmal einen doppelten Whiskey.
"Der geht auf mich!" meinte Silkog lächelnd, als der Kellner kam.
Warum hatte ich bloß so ein komisches Gefühl bei der Sache?

Die Zeit ging ins Land und ich lebte mich gut ein.
Mich störte es auch nicht mehr sonderlich, daß Übermutti nahezu jedes Grundstück in der Stadt gehörte, denn ihre Geschäfte brachten Geld, Waren und neue Leute herbei und sie sorgte für Ordnung - hauptsächlich durch ihre Handlangerin Enibas. Den einfachen Leuten ging es gut, aber ich bemerkte in den Gesprächen, die zum Beispiel im Saloon geführt wurden oder auf der Straße, daß es dennoch eine wachsende Anzahl von Unzufriedenen gab.
Seeke beispielsweise schimpfte wie ein Rohrspatz über die ihrer Meinung nach überzogenen Steuern und Anlegegebühren für ihren Frachtkahn. Mark Stein, ein grauhaariger Koch, der gleichzeitig ein hervorragender Baumeister war, hatte viel in den Bau seines feinen Restaurants gesteckt und sah nicht ein, derart hohe Pachtzinsen bezahlen zu müssen und selbst Groovy war nicht immer erfreut über die politischen Entscheidungen seiner Chefin.
"Das wird nochmal was geben!" unkte Silkog, die als zweitgrößte Handelsherrin im Ort die Entwicklungen mit Argusaugen verfolgte.
Mich persönlich machte es misstrauisch, als ich eines Tages eine mir gut bekannte Gestalt durch die Stadt schleichen sah.
Was wollte der Regierungsspitzel hier?
Kurze Zeit später tauchte ein anderer Bekannter auf - Regis, die rechte Hand von Miss Fisher damals. Oh je!
Da braute sich bestimmt etwas zusammen!
Dann schließlich, ein paar Wochen später, platzte die Bombe.

Seeke und ich gaben im Saloon gerade ein paar musikalische Einlagen zum Besten, sie mit dem Schifferklavier und ich natürlich mit dem Dudelsack, als die Tür zum Saloon aufflog und der aufgeregte Billy, der junge Stallbursche hereinstürmte und die Nachricht verkündete:
"Sie ist weg!!! Missa de la Santos hat die Stadt verlassen!"
Im ersten Moment herrschte bei dieser Nachricht Totenstille im Saloon. Doch nur wenige Augenblicke später brach die Hölle los. Alle reddteten wild durcheinander. Mutmaßungen, Anschuldigungen und Gerüchte waberten schwerer als Tabakwolken durch den Saloon und die Stimmung war hochexplosiv.
Nur eine Person wahrte die Ruhe und hob schließlich beschwörend ihre Hände, bis endlich nach und nach Ruhe einkehrte. Es war natürlich Silkog.
"Gebt Ruhe Leute! Noch wissen wir nicht, was da vorgefallen ist. Lasst es uns ganz systematisch untersuchen!"
Ob es die Ruhe war, die sie selbst ausstrahlte, ihre eindringliche Stimme oder was auch immer ..., jedenfalls gelang es ihr tatsächlich, die Menge zur Ordnung zu rufen und dann geschah das, was sie schon angekündigt hatte. Es gab eine Untersuchung.

Das Ergebnis wurde nach ein paar Tagen öffentlich verkündet.
wie sich erwies, hatte Übermutti tatsächlich die Stadt verlassen - in Begleitung von Enibas und einer Reihe von bewaffneten Pistoleros - und mit mehreren Planwagen voller Reichtümer, worunter sich auch die Stadtkasse befand. Doch es kam noch schlimmer. die Untersuchung ergab ebenfalls, dass die gewichtige Dame wohl einen Deal mit dem Fisch abgeschlossen und ihm sämtliche Grundstücke übertragen hatte.
Der Fisch war eine düstere Legende im Westen. Niemand kannte seinen wahren Namen und er hatte teils offen, teil verdeckt über Hintermänner seine Finger in vielen schmutzigen Geschäften. Armen Siedlern, die nur über den Winter kommen wollten, verkaufte er minderwertiges Getreide zu horrenden Preisen, friedlichen Indianern nahm er erst ihre Pelze und dann ihr Land weg, ehrliche Goldgräber betrog er mit gefälschten Waagen und wer mit ihm Geschäfte machte, den haute er bei der erstbesten Gelegenheit übers Ohr und bootete ihn aus. Seine Revolvermänner fackelten nicht lange und manch Einer unterschrieb bei ihnen in der Not Verträge, die seinen Untergang besiegelten. Auch das Gesetz zeigte sich machtlos und war nicht in der Lage dem Fisch und seinen Umtrieben Einhalt zu gebieten. Vermutlich flossen reichlich Schmier- und Bestechungsgelder aus seinen schmutzigen Händen in die Taschen einflussreicher Leute.
Wenn jetzt also dem Fisch mehr als die halbe Stadt gehörte, was konnte man dann noch tun?
Die Meinungen waren geteilt.
Auf gar keinen Fall bleibe ich noch länger hier, nur um einen Blutsauger gegen einen noch übleren einzutauschen!" empörte sich Mark Stein.
Er war ein wohlhabender gesetzestreuer und angesehener Bürger und fand viel Zustimmung. Andere sprachen dagegen. sie wollten ihre neue Heimat nicht verlassen, vor allem die Farmer nicht.
Man fragte Groovy, der erstaunlicher Weise nicht in Übermuttis Pläne eingeweiht und daher unschuldig war, ob er nicht bereit dazu wäre, die Verantwortung für die Stadt zu übernehmen, doch der schüttelte nur sein strähniges Haar.
"Nein Leute, sucht euch einen Anderen! Wenn dem Fiscch wirklich die Stadt gehört, werde ich hier kaum etwas unternehmen können, um die Leute vor ihm zu schützen."
Dieses aufrichtige Bekenntnis sorgte erneut für hitzige Diskussionen und am Ende war es dann so, dass Groovy tatsächlich eine Gruppe von Leuten anführte, die er ebenfalls aus der Stadt führte, um weiter im Westen eine neue und freie Siedlung zu errichten.
Mit dabei war natürlich auch besagter Mark Stein, der seine Fuhrwerke zur Verfügung stellte, damit mit ihnen das Hab und Gut der Exilanten, aber auch das benötigte Baumaterial und Vorräte - sofern vorhanden transportiert werden konnte.

Als der Treck die Stadt verließ sahen wir ihnen mit gemischten Gefühlen hinterher und der versoffene Reverent lallte etwas vom Auszug der Kinder Israels aus Ägypten.

Silkog, Seeke und ich blieben zurück - vorerst! Der Plan sah vor, dass wir zunächst erst einmal alles zu Geld machten, was sich machen ließ und damit Werkzeug und weiteres Baumaterial für die neue Stadt zu besorgen.
Die meisten von Silkogs und Seekes Leuten blieben den beiden Damen treu und taten also, was wir tun konnten, beluden schließlich den Frachtkahn und als die Nachricht von Groovy Silkog per Botenreiter erreichte, machten auch wir uns auf den Weg in unsere neue Heimat, die wir Outlaws Revenge nannten, zum Zeichen, dass wir uns uns weder korrupten Polikern noch schmierigen Betrügern jemals beugen wollten, selbst wenn das Gesetz diese schützte.

Und so kam es schließlich, dass ich an Silkogs Seite die neue Stadt, die neue Heimat betrat - mit einem Gefühl im Bauch,dass ich einfach nur als schottisch beschreiben konnte. Schon am Eingang kamen sie uns entgegen. Groovy natürlich, verschitzt und immer noch mit einem Vorschlaghammer in de Hand, Mark Stein und Cullen Bohannon - mit einem frreundlichen grinsen im Gesicht und ... " Heiliger St. Andrews!" entfuhr es mir. War das etwa ... ?
Silkog grinste mich von der Seite an. "Überraschung, Jerry! Ja, sie ist es."

Die blonden Haare mit der kecken Locke, diesmal kein Gewehr, aber eine Spitzhacke geschultert stand da zur Begrüßung ... niemand anderes als Snowflake.

Es war ein fröhliches Wiedersehen und als Snowflake warm und weich in meinen Armen lag, spürte ich das tiefe Glück des Zusammenseins und genoß es.
Ich öffnete meine Augen erst, als Groovy wieder das Wort ergriff.
"Wir haben für euch eine Willkommensparty arrangiert - in unserem neugebauten Stadthaus fließt heute das Bier, der Tequila und der Whiskey reichlich! Auch zu essen haben wir genug. Es gibt gegrillten Truthahn, Bisonschinken, geräucherten Lachs und dazu jede Menge Kartoffeln, Tomaten und Mais.
Heute feiern wir die offizielle Gtründung unserer freien Stadt!"
Frohgemut und bestens gelaunt betraten Silkog, Seeke und ich unsere neue Heimat, während ich Snowflake liebevoll den Arm um die Schulter gelegt hatte. Das war ihr offensichtlich auch nicht unangenehm, denn beim Gehen kuschelte sie sich an mich.
So genau erinnere ich mich nicht mehr, wie der Abend ausging, aber ich wusste noch, dass ich auf dem Dudelsack gespielt und Seeke auf dem Tisch einen Tabledance hingelegt hatte. Groovy hatte einen Witz nach dem anderen gerissen und Mark Steins marinierte Grillsteaks waren vom Allerfeinsten gewesen.

Am nächsten Morgen erwachte ich in einem Stall mit dröhnenden Kopfschmerzen.
"Oh je!" Doch das Magenmittel, das ich reichlich hatte half auch dagegen, wenn man es mit reichlich Flüssigkeit einnahm. Kurz entschlossen steckte ich meinen Kopf in die Pferdetränke und so allmählich wurden meine Gedanken wieder klar. "Puuuh!!!"

Dann machte ich mich zurecht, entfernte das Stroh aus meinen Klamotten und rasierte mich erst einmal.

Anschließend blickte ich hinaus und der stand der sonne verriet mir, dass es schon fast Mittag war.
"Oh je!" Heute sollte doch die konstituierende Sitzung der neuen Stadtführung sein. Ob ich schon etwas verpasst hatte?
Ich rappelte mich auf und ging hinüber zu dem neuen und schönen Stadthaus.
Unterwegs begegnete ich Seekke, die ebenfalls dorthin unterwegs war.
"Na, wieder fit?" fragte sie lächelnd.
Ich brummte nur zur Antwort.
Seeke war immer 100 Prozent - egal, was sie tat.
Heute morgen war sie allerdings ziemlich gesprächig.
"War gar nicht schlecht, als du gestern die schottischen Lieder gesungen hattest! Könntest nen guten Musiker abgeben."
"Danke", brummte ich nur und hörte das Echo meiner Antwort in meinem Kopf.
"Schön, dass es dir gefallen hat!" antwortete ich. Ich konnte mich allerdings an diese Performance nicht mehr erinnern.
Dann kamen wir zum Stadthaus und ich konnte sehen, dass es auch anderen Bewohnern von Outlaws Revenge ganz ähnlich wie mir ging.
Selbst Silkog hatte ein Taschentuch zur Hand, mit dem sie sich ab und zu die Stirn abtupfte. Groovy hatte deutliche Ringe unter den Augen und nur Mark Stein sah aus wie immer aus dem Ei gepellt.
Man hatte Bänke aufgebaut und die Halle füllte sich nach und nach.
Ich betrachtete die Gesichter der Leute, als sie das Stadthaus betraten und ich erblickte überall Entschossenheit, Tatkraft und Stolz.
Ja, dachte ich. Diese Leute wollen etwas machen! - und ich fühlte den Stolz, dazu zu gehören.
Dann, so in etwa mit 5 bis 6 Stunden Verspätung begann die Versammlung.
Die Gesprächsführuung übernahm Silkog, aber wirklich jeder konnte und durfte etwas sagen und sich frei äußern.
Groovy war es, der die Sitzung mit seiner Rede eröffnete.
Er erhob sich von seinem Sitz, zusselte seine Weste zurecht und sprach dann:
"Liebe Freunde und Mitstreiter! Liebe Rebellen und Outlaws, die ihr nein gesagt habt zu den Mächtigen, die euch vereinnahmt, ausgebeutet und bedroht haben, Die ihr mutig gewesen wart, um Widerstand zu leisten und so zu uns gefunden habt! Ich heiße euch allen heute hier aufs Herzlichste willkommen!"
dann breitete Groovy wie ein Messias seine Arme aus und wirklich jeder Mann und jede Frau im Raum spürte, dass es ihm ernst war.
Dann hob er seinen rechten Zeigefinger.
"Schluß ist es nun mit dem Monopolkapitalismus und der Bereicherung einiger Weniger auf Kosten aller anderen Bürger! Schluß ist es mit ungerechten Steuern und Abgaben und mit Knebelverträgen, die den armen Leuten noch den letzten Sparpenny rauben! Schluß ist aber auch mit dem Egoismus im Kleinen! Wenn jeder Mann und jede Frau nur an sich denkt, dann sind wir keine Gemeinschaft, dann sind wir ein Nichts und es wird keinen Winter dauern, bis wir vom Antlitz dieser Erde verschwunden sind - wie lästiges Ungeziefer."
Jetzt hob Groovy die rechte Hand und ballte sie zur Faust.
"Doch das werden wir nicht zulassen! Wir müssen und wir werden zusammen halten! Einer für den anderen! Einer für alle und alle für einen! Nur so werden wir Erfolg haben, nur so werden wir überleben!"
Dann senkte er seine Stimme und sie wurde umso beschwörender.
"Wollt ihr, ihr freien Bürger von Outlaws Revenge diesen Weg mit mir gehen?
Wollt ihr auf eure privaten kleinen Vorteile verzichten und mit ganzem Herzen unserer Gemeinschaft dienen?
Wollt ihr euer eigenes freies Leben selbstbestimmt in eure eigenen freie Hände nehmen?
Dann ... liebe Brüder und Schwestern, dann erhebt euch und verkündet es der ganzen Welt! Wir sind die freien Bürger von Outlaws Revenge und wir entscheiden selbst über unser Schicksal!"
Tosender Beifall umhüllte Groovy nach dieser großartigen Rede, die jedem Anwesenden aus dem Herzen sprach.
Sichtlich erschöpft langte der Redner nach einem Bier, dass man ihm vorausschauend gezapft hatte.
Nun ergriff Silkog das Wort, wartete ein wenig ab, bis sich der Tumult gelegt hatte und dann sprach sie - mit ihrer tyypischenc eindriinglichen --stimme, der sich wirklich niemand etziehen konnte.
"Liebe Freunde! Wir haben bereits zusammen Großartiges geschafft, aber es ist erst der Anfang. Unsere neue Stadt, unsere neue Heimat muss ausgebaut werden. Wir brauchen auch Leute, die unsere Versorgung sicher stellen. Was ist, wenn jemand krank wird? Woher kommen die Nahrungsmittel? Wer liefert das Baumaterial für die kommenden wichtigen Gebäude? Alles offene Fragen.
Darum richte ich heute und jetzt an euch den Appell ..." ihre Stimme hob sich merklich ...
" Helft einander, gebt euch gegenseitig Produkte ohne Ansehen des Gegenübers, teilt, was ihr habt, so wie es die Aposteln getan haben - aus reinem Herzen!"
Dann schwieg sie ein paar Momente und Totenstille herrschte in der neuen Stadthalle.
"Wenn ihr alle das tut, dann werden wir auch überleben! Das verspreche ich euch!"
"Es muss organisiert werden! Wer kann was, wer will was machen!"
Das war Mark Stein, der sich zu Wort meldete.
"Wir haben schon etwas vorbereitet", meinte Silkog daraufhin.
" Folgende wichtige Bereiche müssen abgedeckt werden. Zum einen müssen wir genug zu essen haben. Da brauchen wir Jäger, die uns genug Fleisch liefern können, da wir noch keine Ernte von den feldern erwrten können. Auch Fisch wäre gut, den kann man räuchern, trocknen und einlegen.
Zum zweiten müssen wir weiter die Stadt ausbauen. jeder handwerklich geschickte Mitarbeiter ist da gefragt.
Zum dritten brauchen wir Handwerker, die in der Lage sind, Werkzeug herzustellen, denn ob Seil, Lederriemen oder Spaten, ... alles wird gebraucht.
Und zum vierten ist da natürlich die Gesundheit! Jeder,der medizinische Vorbildung hat - sei es als Arzt, Krankenschwester, Sanitäter oder auch Apotheker wird gebraucht. Bitte meldet euch! Wir brauchen euch dringend!
Anschließend werden wir dann sehen, wie wir die Aufgaben verteilen, aber alles liegt an euch. Lasst Outlaws Revenge leben und nicht sterben!"
Auch Silkogs Rede war bewegend und sprach den Leuten aus dem Herzen. Anschließend gab es viele Leute, die sich bei ihr meldeten und ihre Bereitschaft bekundeten am Großen und Ganzen mitzuwirken.
Natürlich war ich auch dabei.


fortsetzung folgt